{enthält unbezahlte Werbung}Toreros, Paella und Strand ohne Ende. Und wie ist Spanien darüber hinaus? Seit vielen Jahren kenne ich dieses Land, liebe es und bereise es. Ich habe mich dabei stets auf Pfade abseits der großen Touristenströme begeben. Sevilla ist eine beeindruckende Stadt - zwar längst kein Geheimtipp mehr, aber immer noch wunderschön und authentisch.
Ich würde es nicht sagen, wenn es nicht so wäre. Ich darf es sagen, weil ich ein halbes Jahr in dieser Stadt gelebt habe, um an seiner wunderschönen alten Universität zu studieren: Sevilla ist eine ganz besondere Stadt - eine Perle unter den Städten Europas.
Es ist im Sommer sehr heiß hier, und selbst im Herbst hält sich das schöne Wetter so lange, dass man auf Dachterrassen, Plätzen und am Flußufer selbst im November noch bis spät abends draußen sitzen kann. Es gibt hier viele Orangenbäume und damit den einzigartigen vino dulce, einen süßen Likörwein, der mit Orangenschalen aromatisiert wird. Sevilla beherbergt prunkvolle maurische Gärten und zahlreiche alte Paläste. Es gibt keinen Grund dafür, dass diese Stadt bisher noch wenig internationale Beachtung gefunden hat.
Sevilla ist auch die Stadt des Flamenco, denn kaum an einem anderen Ort hat er eine so große Bedeutung wie hier. Im Frühjahr findet hier regelmäßig die größte Feria Andalusiens statt, auf der kurz nach Ostern eine Woche lang in vielen Festzelten gefeiert wird. Und getanzt, denn die Stadt besitzt eine eigene Variante des Flamenco, die Sevillanas, ein Paartanz, bei dem über 4 Strophen hinweg eine einstudierte Choreographie getanzt wird.
Der Ursprung des Flamenco liegt in verschiedenen Volkstänzen Andalusiens, die von den Roma und Sinti Andalusiens, die dorthin im 15. Jahrhundert einwanderten, adaptiert und weiterentwickelt wurden. Weil die Flamenco-Kultur mündlich tradiert wurde, gibt es allerdings wenig Belege für die Existenz des Flamencos vor dem 19. Jahrhundert und entsprechend viele Theorien zu seiner Entstehung.
Der Flamenco jedenfalls ist fester Bestandteil des sozialen Lebens der Gitanos (Roma und Sinti) in Andalusien. In dieser Autonomen Region leben etwa 40% der insgesamt 750.000 Gitanos in Spanien. Die meisten von ihnen werden von der Regionalregierung Andalusiens als "unsichtbar" bezeichnet, da sie vollständig integriert in die spanische Gesellschaft leben. Demgegenüber leben etwa 90-100.000 der andalusischen Gitanos in sozialer Ausgrenzung bzw. unter schlechten sozialen Bedingungen. Vorurteile, Marginalisierung und teils auch selbstgewählte Gemeinschaft haben vielerorts zu einer sozialräumlichen Trennung geführt, die von der Regisseurin Dominique Abel 2003 im Film Polígono Sur: El arte de las 3000 viviendas in den Blick genommen wurde. Der Film thematisiert das Leben der Zigeuner in 3000 Viviendas, einem Vorort von Sevilla, in dem ihr Anteil an der Bevölkerung besonders hoch ist. Besonders deutlich wird im Film ihre große Leidenschaft für den Flamenco, der sich hier nicht in publikumswirksamen Showdarbietungen für Touristen zeigt, sondern vielmehr Teil des alltäglichen Lebens ist. Der Film zeigt die Beziehung der Gemeindemitglieder, der Sänger und Musiker zu Melodien, Texten und gemeinschaftlichen musikalischen Treffen.
Informationen zur Stadt
Sevilla liegt im Südosten Spaniens, im Bundesland Andalusien. Mit ihren 700.000 Einwohnern ist sie die größte Stadt Andalusiens und Sitz der Regionalregierung.
Zwischen 711 und 1248 residierten Mauren aus Nordafrika hier. Sie hinterließen Spuren - in Sprache und Architektur, die bis heute andauern. So stammen einige heutige Ortsnamen von arabischen Wörtern ab: Algeciras = Al-Dschasira al-Chadra (grüne Insel), Almería = Al Mariyya (Meeresspiegel), Guadalquivir = Wadi al-Kabir (der große Fluss). Der Glockenturm der Kirche, Giralda genannt, ist ein ehemaliges Minarett der Hauptmoschee zu Zeiten der maurischen Herrschaft. Die wunderschönen Gärten des Real Alcázar und der dazugehörige Palast dienten verschiedenen Kalifen als Wohn- und Regierungssitz.
In Sevilla gibt es einen Flughafen, der einige Verbindungen nach Deutschland anbietet. Weitere mögliche Flughäfen liegen in Jerez de la Frontera oder in Málaga; von dort aus kann man mit dem Zug weiterreisen. Bleibt man länger in der Stadt bzw. möchte man von Madrid aus einen Ausflug dorthin machen, stehen 21 Busverbindungen täglich bereit; die Fahrtzeit beträgt nur 2,5 Stunden.
Meine persönlichen Top 5 Things to do in Sevilla
1. Einen Vino Dulce trinken
Ein absolutes Muss, wer Süßes mag. Den einem Likörwein ähnelnden Vino Dulce gibt es zum Probieren und auch flaschenweise zu kaufen - im authentischen, kleinen Laden in der Calle Mateos Gago (s. Foto) - wenn man von der Kathedrale kommt nach ca. 100 Metern auf der rechten Seite. Ganz nach spanischer Tradition wird im urigen Lokal nur gestanden. Es liegt ganz in der Nähe der Kirche und des Archivo de Indias, so dass ihr im Anschluss die kleinen Gassen des Viertels Santa Cruz besichtigen könnt.
2. Die Universidad de Sevilla besichtigen
Sie liegt in einer ehemaligen Tabakfabrik, deren historischer Charme noch komplett erhalten ist. Lasst euch einfach treiben, durch die alten Innenhöfe und bombastischen Treppenaufgänge. Schön ist, dass dieser Ort so authentisch ist, wie es nur geht: Hier wird wirklich gelebt und gelernt!
Gleich nebenan liegt das Luxushotel Alfonso XIII, das schon im Vorbeigehen einen bombastischen Eindruck macht. So manch ein Star - darunter auch die Crew von Game of Thrones - ist hier abgestiegen.
3. Ziellos durch die engen Gassen der Altstadt schlendern
Es gibt keine bestimmte Route, aber man kann nicht viel falsch machen. Fast jedes Strässchen, jede Gasse, jede Häuserfassade ist malerisch und birgt kleinere Paläste und andere besondere Häuser.
4. Tapas in der Taberna Los Coloniales am Plaza Cristo de Burgos essen
Abends gibt es eine Warteliste, auf die man seinen Namen setzen lässt, bevor man noch eine Runde durch die Altstadt dreht. Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude! Später dann sitzt man unter riesigen Bäumen an einem schönen kleinen Platz und genießt die besten Tapas Sevillas.
5. Den Real Alcázar besichtigen
Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich kürzlich in Game of Thrones entdeckte, dass die Szenen im Palastgarten von Dorne hier gedreht wurden. Diejenigen von euch, die die Serie kennen, erinnern sich vielleicht an alte, kunstvoll verzierte Mauern und einen üppigen grünen Palmengarten - das ist der Real Alcázar. Als eindrucksvolles Überbleibsel der maurischen Architektur und Gartenkunst erinnert er uns an diese für Spanien so wichtige Epoche.
Und darüber hinaus...
Wer Zeit und Lust hat, macht mit diesen Aktivitäten weiter:
In Triana, dem ehemaligen Viertel der Roma und Sinti am Ufer sitzen und den Blick auf den Fluss und die Brücken genießen
Über den Plaza de España schlendern und ein Mittagsschläfchen im daran anschließenden Park halten
Durch die ruhigeren Gassen des Viertels Macarena schlendern und das authentische Leben der Sevillaner schnuppern. Es gibt übrigens einen Bus, der die Ringstraße rund um die Altstadt abfährt und auch in Macarena hält.
Auf dem Metropol Parasol die Stadt von oben betrachten. Die pilzförmigen Holzkonstrukte (von den Sevillanos Las setas - die Pilze - genannt) wurden vom deutschen Architekten Jürgen Mayer H. entworfen und zwischen 2005 und 2011 dort aufgebaut (2. Foto unten).
Die Geschäfte auf der Einkaufsstraße Calle Tetuán unsicher machen (3. Foto unten).
Sevilla ist eine Stadt, die einem ans Herz wachsen kann, wenn man sie lässt. In meinem Herzen ist sie schon seit vielen Jahren, vielleicht findet sie auch den Weg zu eurem!
Auf den folgenden Bildern seht ihr mich übrigens 2006 mit meinen ehemaligen Mitbewohnern vor der Haustür unserer WG (links) und 2018 im Sommerurlaub (rechts) vor der gleichen Tür.
Sevilla liegt in Andalusien, nach Afrika ist es nicht weit:
Quellenangabe zur Information über die Situation der Gitanos in Andalusien:
Junta de Andalucía (2017): Gitanas y gitanos en el siglo XX: Plan integral para la inclusión de la comunidad gitana de Andalucía 2017-2020. - https://juntadeandalucia.es/servicios/publicaciones/detalle/78398.html (3.10.2019)
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