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Italien - Kleines Reise-ABC

Aktualisiert: 14. Jan. 2020

Es geht in diesem Beitrag um die nettesten Staatsdiener der Welt, den nächtlichen Besuch von Männern mit Duschbrause in der Hand, eine Teststrecke von Porsche, das mysteriöse Verschwinden von Gegenständen und unglaublich gutes Essen...


Wie war es denn jetzt eigentlich in Italien?!? Das werden wir ständig gefragt, seitdem wir aus Italien zurückgekehrt sind - logisch. Die Antwort ist allerdings etwas komplexer. Die wichtigsten Höhe- und Tiefpunkte unserer Reise möchte ich jetzt in Form eines ganz persönlichen Reise-ABCs mit euch teilen.


B wie Baden

Oh ja. Nach Italien fährt man, wenn man baden möchte. Hochglanzfotos und Insta-Filter versprechen wunderschöne, einsame Strände. Auch der Name, Punta Prosciutto, klingt schon fast poetisch... Ein schneller Suchauftrag an Google zeigt einen der schönsten Strände Apuliens. Auf den Bildern sieht man türkisfarbenes Wasser, weißen Sand, wenig Brandung, eine natürliche Dünenlandschaft ganz ohne Gebäude, keine Badegäste.


Unsere Lebenserfahrung und rationale Überlegungen könnten uns vielleicht eines Besseren belehren, denn zwei Dinge sprechen eindeutig gegen einen Besuch an diesem Strand: 1. Wir befinden uns mitten in der italienischen Hochsaison. 2. Es gibt einen Shuttlebus, der alle paar Minuten dorthin fährt. Aber wir kommen aus Deutschland, wir kommen aus einem endlos langen Winter, wir kommen aus dem Regen, und so vernebelt der Glanz dieses durchsichtigen Wassers auf den Fotos unsere Sinne. Vielleicht ist es ja wirklich so schön wie auf den Fotos!


Wir fahren hin und trauen unseren Augen nicht, als wir den Strand betreten: Es ist schwierig, sich überhaupt einen Weg durch Sonnenschirme und Picknickdecken, hinweg über Beine, Arme und Köpfe zu bahnen. Im Wasser ist es fast genauso schlimm: Menschen, die Ball spielen, riesige Badeutensilien in Form von Einhörnern oder Flamingos. Sogar ein Verkaufsstand mit diesen und anderen aufblasbaren Tieren steht mitten im Wasser! Wir beschließen: schnell rein, schnell wieder raus und zurück in den Shuttlebus.


Was wir einige Wochen später am Gardasee erleben, überrascht uns deshalb nicht wirklich: Die Menschen liegen mit ihren Handtüchern und Sonnenliegen auf einem schmalen Streifen Kiesel direkt neben der Hauptverkehrsstraße, auf der alle paar Sekunden ein Auto oder Motorrad knattert. Auch hier heißt es für uns: Schnell rein und schnell wieder raus.


Unterm Strich gibt es dann doch eine echte Perle unter den zahlreichen Murmeln aus Glas: ein wunderschöner Strand im Gargano Nationalpark. Leider recht wenig für 6 Wochen.


D wie Diebstahl

Jeder hat schonmal gehört, dass man auf Handtasche, Kamera & Co aufpassen sollte, wenn man nach Süditalien reist. Wir würden allerdings erst einige Wochen später im reichen Ibiza so richtig beklaut werden, nicht in Italien...


Nicht beklaut jedenfalls. Dass man Dinge verliert, gehört jedoch im Campingurlaub fast schon dazu, denn man ist ständig auf der Suche nach diesem oder jenem Gegenstand. Statt uns über unbekannte Fremde zu ärgern, ärgerten wir uns also über uns selbst: Wo, verdammt nochmal, ist der - wirklich wertvolle - Autoschlüssel und wie konnte es passieren, dass wir einen unserer Personalausweise am Gardasee liegen ließen?


Wie im Leben allgemein bleiben manche Fragen unbeantwortet. Der Personalausweis fand zwar seinen Weg dank Expressversand wieder zu uns, aber die Geschichte mit dem Schlüssel ist höchst mysteriös: Eines Morgens lag er einfach da, unter meinem Kopfkissen, in dem Bett, das wir jeden Tag aufs Neue aufklappten, auf den Laken, die wir jeden Tag aufs Neue ausschüttelten, aufhingen, falteten und wieder ausbreiteten!


E wie Essen

Eigentlich sollte dieser Teil des Beitrags mit U wie UNGLAUBLICH betitelt sein, denn das italienische Essen ist unglaublich gut. Die Italiener wissen, was sie tun, jedenfalls was Pasta, Pizza, Mozzarella, Tiramisu und Aperol Spritz angeht. Und ich bin sicher, dass diese Liste keinesfalls vollständig ist.

Meine Lieblingsentdeckung: Stracciatella. Es handelt sich hier nicht um das Eis, sondern um einen Käse, und zwar einen besonders cremigen Mozzarella, der eher flüssig als fest ist. Zusammen mit Olivenöl und Balsamico ist er die leckerste Sache der Welt.


Solltet ihr also in Italien sein, lasst die Deckel auf dem Topf, hängt die Schürze an den Nagel und schickt den Pfeffer dorthin, wo er wächst. Essen gehen ist angesagt - in einfachen Trattorias und Pizzerien auch schon für wenig Geld. Und mal ehrlich: Gibt's was Schöneres als leckeres Essen?


G wie Gastfreundschaft

Was Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft angeht, können wir Deutschen uns ehrlich was abgucken von den Italienern. Hier ein Beispiel: Als ich drei Tage auf einem Pferdehof in der römischen Einsamkeit verbrachte, lud mich die Familie, die ihr Haus als Airbnb-Unterkunft vermietete, zum Essen am Familientisch ein. Täglich erkundeten sie sich, wie es mir ging. Als ich nach Italienisch-Unterricht fragte, vermittelten sie mir den Kontakt zu einer jungen Studentin. Es sind solche Begegnungen, die einem noch lange in Erinnerung bleiben!


I wie Interkulturelles Lernen

Die Italiener glänzen wirklich nicht mit ihren Fremdsprachenkenntnissen, dafür aber mit den Gesten, die sie nutzen, um etwaige Verständnislücken zu überbrücken. Wenn man kein Italienisch spricht, beschränkt sich die Kommunikation also auf Mimik und Gestik... und Musik!


Auf einem unserer Campingplätze werden wir Teil eines gemütlichen Abends, an dem drei Musiker, die ebenfalls Gäste des Campingplatzes sind, ein spontanes Konzert veranstalten. Mit Gitarre, Keyboard, Cajón - und diversen Vasen auf der Fensterbank, die der Schlagzeuger als Werkzeuge missbraucht - machen sie richtig gute Musik.


Erst sind wir allein, aber dann werden immer mehr Leute von der Musik angezogen, nach und nach füllt sich das Restaurant. Wollten wir am Anfang noch ganz bald ins Bett gehen, fesselt uns jetzt ein Italo-Hit nach dem anderen an diesen Ort. Selbst wir können lauthals mitsingen: Volare, oho, cantare, ohooho...Höhepunkt des Abends ist ein Song, bei dem ein und dieselbe Strophe und Melodie in unterschiedlichen Sprachen und Dialekten immer wieder wiederholt wird. Auf Zurufe des Publikums imitieren die Musiker die italienischen Dialekte: Römisch, Sardisch, Apulisch, Ligurisch, Venezianisch, Toskanisch... Dass wir Deutsche sind, hat sich natürlich schon längst herumgesprochen und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch wir dran glauben müssen: Das Lied wird jetzt auf deutsch interpretiert! Dem Schlagzeuger ist Rammstein offensichtlich ein Begriff, denn jetzt imitiert er ihre Musik und grölt mit tiefer Stimme in der Melodie des Refrains: Scheiße, das ist alles Scheiße, so eine Scheiße... Keiner versteht, was er sagt (außer wir), aber alle liegen grölend unter den Tischen. Auch wir lachen Tränen. Sagt's mir: Wie könnte interkulturelle Kommunikation schöner ablaufen?


Eine Herausforderung ganz anderer Art erwartet uns allerdings an einem der anderen Abende dort. Vorab solltet ihr wissen, dass wir aufgrund der Hitze mit offener Bullitür schlafen - und weil der Bulli so klein ist, passiert das, was draußen passiert, dann sozusagen direkt vor unserem Bett. Mitten in der Nacht weckt mich also ein Geräusch und ich schrecke hoch. Ich erkenne den weißen Umriss einer Person, die direkt vor uns steht. Er oder es sieht in etwa so aus wie Neil Armstrong bei der Landung auf dem Mond, allerdings sehe ich keinen Astronautenhelm, sondern eine Sauerstoffmaske. In der Hand hält er oder es eine Art Stab mit Duschbrause. Die Person sagt jetzt etwas Unverständliches und zeigt auf unsere Wäscheleine. Jetzt verstehe ich endlich - trotz Halbschlaf: Der Platz wird gegen Insekten desinfiziert, so wie wir es auf anderen Plätzen bereits erlebt haben, und wir sollen unsere Wäsche reinholen. Was für ein Schreck und welch fiese Vorstellung, dass wir und unser Bulli jetzt von einer Wolke schädlicher Insektizide umhüllt werden. Naja... wie heißt es so schön? Andere Länder, andere Sitten!


L wie Lärm

Bereits an anderer Stelle berichtete ich über die Liebe der Italiener zur Animation, zur lauten Musik, zur guten Unterhaltung. Eindrücke, aufgrund derer wir uns gerne den Stellplatz aussuchten, der am weitesten weg von Rezeption, Swimmingpool und Restaurant lag.


Wir kommen also in Porto Cesareo im äußersten Süden Italiens auf einem sehr schönen Campingplatz an und bitten um einem Stellplatz im hinteren Bereich des Platzes. Natürlich kassieren wir dafür verständnislose Blicke der italienischen Angestellten und nehmen in Kauf, dass sie sehr wahrscheinlich beim Abendessen über uns lästern: Stellt euch vor,die komischen Deutschen mal wieder...!

Wir fahren also in den hinteren Bereich des Platzes und suchen uns dort dann einen Stellplatz im hintersten Winkel, stellen unseren Bulli so, dass er uns vor etwaigen Ruhestörungen abschirmt. Es ist wunderbar: Es gibt kein Waschhaus in unmittelbarer Nähe, keinen Pool, keinen DJ. Wir stellen den Motor ab, steigen aus, horchen auf die unendlich erholsame Ruhe, können es nicht fassen, wie viel Glück wir diesmal mit dem Campingplatz haben und... hören doch tatsächlich Motorengeräusche. Motorengeräusche, die immer wieder kommen und sich in etwa wie ein Formel-Eins-Rennen am Hockenheimring anhören. Während Lars die Waschhäuser auscheckt, habe ich ausreichend Zeit, die Geräusche genauer unter die Lupe zu nehmen und festzustellen, dass sie nicht weggehen und auch nicht leiser werden. Mit Schrecken fällt mir ein, dass ich mit einem Sound-Nazi (=Audio-Nerd) zusammen bin, dessen Gehör noch tausendmal empfindlicher für störende Geräusche ist als meines. Na toll!


Ich zücke mein Handy, um herauszufinden, woher die Geräusche kommen, ganz nach dem Motto, wenn man die Ursache kennt, kann man vielleicht auch das Problem lösen. Was ich dann bei Google Maps sehe, entmutigt mich allerdings sofort. In unmittelbarer Entfernung des Campingplatzes liegt eine von Porsche betriebene kreisrunde Teststrecke namens Nardò, die 12,6 Kilometer lang ist und einen Durchmesser von 4 Kilometern hat. Ich lese, dass man auf dieser Hochgeschwindigkeitsbahn bis zu 500 km/h fahren kann und deshalb hier bereits Hunderte von Rekorden aufgestellt wurden. Irgendwie interessant... aber hier in unmittelbarer Nähe?!?


Als ich Lars von diesen Informationen berichte, beginnt er, das - jetzt überlebenswichtige - Grundwissen aus dem Studium herauszukramen: Eine Abstandsverdoppelung bedeutet die Halbierung der Lautstärke... und wenn wir dann noch... Mir ist das bereits jetzt zu kompliziert, also lasse ich ihn machen. Wir stellen den Bulli nochmal um, jetzt doch näher in Richtung Pool, aber das nehmen wir in Kauf. Gott sei Dank stellen wir in den folgenden Tagen dann fest, dass nicht den ganzen Tag gefahren wird und es wird tatsächlich einigermaßen ruhig dort.


R wie Reiseblog

Leute, solltet ihr einen Reiseblog schreiben, dann sagt es euren Gastgebern von Anfang an! Wir machten den Fehler, es erst kurz vor unserer Abreise zu erzählen, konnten dann aber immerhin noch 2 Gläser Wein, ein paar Snacks zum Aperol und zwei Tüten voll mit Obst und Gemüse abstauben. Lecker!


S wie Staatsdiener

Auf der Autobahn in Richtung Gardasee haben wir plötzlich Probleme mit dem Bulli, so dass wir an der nächsten Haltebucht anhalten. Innerhalb weniger Minuten hält neben uns ein italienisches Polizeiauto. Obwohl diese Staatsdiener ja quasi meine Kollegen sind, werden meine ohnehin schon feuchten Hände so richtig nass: Haben wir etwas falsch gemacht, dürfen wir hier gar nicht anhalten? Das Fenster des schicken, blauweißen Streifenwagens wird heruntergefahren, zwei äußerst attraktive Südländer in Uniform schauen uns an. Ich beuge mich nach vorne, um sie besser sehen zu können (na gut, auch, um sie besser verstehen zu können), und stelle fest, dass sie wirklich unglaublich gut aussehen. Zu allem Überfluss fangen sie jetzt auch noch an, Italienisch zu sprechen - mamma mia!


Es stellt sich heraus, dass es sich um die wirklich nettesten Polizisten handelt, die ich in meinem Leben je getroffen habe. Anstatt unseren Führerschein, Warndreieck und Sicherheitsweste einzufordern sind sie sehr verständnisvoll, erkundigen sich besorgt, ob die Probleme mit dem Bulli nochmal auftauchen könnten, überlegen mit uns gemeinsam, was zu tun ist und schlagen vor, uns mit Blaulicht bis zur nächsten Abfahrt zu eskortieren. Was für ein Service! Zum Abschied beschreiben sie uns noch die beste Strecke zu unserem Zielort und wünschen uns einen schönen Urlaub. Den wir dann auch hatten - danke, Italien!

 

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