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  • AutorenbildHanna

Italien - Liebe, Liege, Leidenschaft

Aktualisiert: 14. Jan. 2020

 


Liebe und Leidenschaft als veranlagte, ureigene Instinkte sagt man den Italienern doch nach, oder? Damit kochen sie ihre Pasta, backen ihre Pizza und mixen ihren Aperol Spritz. Mit Leidenschaft betonen sie auch ihre Wörter und untermalen sie mit Gesten. Mit ihr fahren sie Auto und beschweren sich, wenn ihnen jemand in die Quere kommt.


Die Liegen passen nicht in diese Alliteration und müssen erklärt werden. Eigentlich sagt das Titelfoto dieses Beitrags aber bereits alles. Sie sind überall zu finden - jedenfalls (fast) überall dort, wo es Meer und Sandstrand gibt. Jeder Quadratmeter Sand ist für sie verplant - in der ersten Reihe zahlt man schonmal 40€ am Tag für einen Sonnenschirm und zwei Liegen, die Preise sind gestaffelt nach erster, zweiter, dritter Reihe usw. Aber wer suchet, der findet auch noch eine spiaggia libera, an der im Sand gelegen werden kann, inmitten aller Abschnitte der verschiedenfarbigen Sonnenliegen und Sonnenschirme.


Und was haben die Italiener sonst noch drauf? Sie genießen das Leben, ja, das kann man so sagen, und zwar ganz nach dem Motto: Für Ruhe und Einsamkeit ist später noch Zeit! Auf den Campingplätzen treffen sich Großfamilien in eigens als Meeting points gebauten Zeltstädten aus Pavillons - inklusive der entsprechenden Versorgungszelte (mit eigenen Kühlschränken), in denen gekocht wird. Die beliebtesten Campingplätze sind solche, die Disko, Musical und Wassergymnastik für Klein und Groß, Alt und Jung anbieten. Eine solch differenzierte Unterhaltung hat natürlich seinen Preis und so fanden wir an der Küste kaum einen Platz unter 50€ (für 2 Personen pro Nacht).


Die Vorlieben der Italiener haben zweifellos rein gar nichts mit der Schönheit dieses Landes zu tun. Und schön ist es hier: Ganz besonders hat mir die hügelige Landschaft der Marken und das türkisfarbene Wasser an der Küste des apulischen Gargano gefallen. Wirklich toll und einzigartig ist auch Italiens Konzept der Agricampeggios: Nirgendwo sonst habe ich so viele Campingplätze gesehen, die an einen landwirtschaftlichen Betrieb angeschlossen sind (oder umgekehrt) und Gemüse aus eigenem Anbau zum Verkauf anbieten.





Ob ich einen Sommerurlaub in Italien also empfehlen kann? Nicht uneingeschränkt jedenfalls. Klar ist, dass man mit ständigen Temperaturen von 30-35 Grad umgehen können muss. Wenn ein Swimmingpool oder das Meer in der Nähe ist, fällt dies definitiv leichter.


Trotz aller Unannehmlichkeiten entstehen tolle Momente. Zum Beispiel, als wir im Restaurant Monte Barone sitzen, einen Zwischenstopp auf dem Weg in den Gargano, dem Nordende Apuliens, machen. Von unserem Tisch aus können wir grünbewachsene, steile Berghänge, eine blauglitzernde Bucht und ein kleines Fischerboot weit unten sehen. Uns bedient ein freundlicher, alter Mann, dessen weises Lächeln zu sagen scheint: Dies hier ist ganz sicher der beste Mozzarella und der leckerste Limoncello, den ihr je getrunken habt! Zum Abschied schüttelt er uns herzlich und lange die Hände. Als ich vor dem Restaurant Fotos mache, bedeutet er mir mit dem Finger, doch noch einmal hereinzukommen. Er zieht mich hinter die Tür des Restaurants und zeigt mir die gerahmte Schwarz-Weiß-Aufnahme, die dort in einer dunklen Ecke an der Wand hängt. Sono io, das bin ich, sagt er, stolz, und zeigt mit dem Finger auf den kleinen Jungen, der zwischen seinen sechs Geschwistern und den Eltern auf einer Mauer steht, hinter der man bewachsene, steile Berghänge, eine glitzernde Bucht und ein kleines Fischerboot weit unten sieht. Es ist das Restaurant seiner Eltern, der Ort, an dem er aufgewachsen ist.


Angesichts solcher Momente kann ich den Stress des Straßenverkehrs, die Massen von italienischen Großfamilien mit ihren Sonnenschirmen und die aufblasbaren Schlauchboote in Form von Einhörnern für einen Moment vergessen. Wird dies am Ende doch noch eine Art unglückliche Liebesgeschichte mit Happy End? Eines weiß ich ganz sicher: Die Leidenschaft der Italiener für Liegen werde ich sehr wahrscheinlich niemals mit ihnen teilen können.


 

Wo ihr übrigens doch noch einen Strand findet, der nicht voller Sonnenliegen ist, verrate ich euch in meinem Beitrag zu Campingplätzen in Italien.

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